# 46 Beziehungskunst - Selbstliebe ist keine Frage des Ego`s.

Im letzten Blogbeitrag ging es um die Selbstliebe im Allgemeinen. Heute möchte ich auf die Frage eines Klienten näher eingehen. Er stellte mir die Frage, ob wir mit der ganzen Thematik um die Selbstliebe nicht einfach nur unserem Ego viel Raum geben? Ob wir uns nicht alle zu Egoman*innen entwickeln, wenn wir nur auf uns schauen?

Das ist durchaus eine berechtigte Frage, aber Selbstliebe ist für mich keine Frage es Egos. Im Duden wird für Egoismus Eigenwohl, Eigennutz, Ich-Bezogenheit, Selbstbesessenheit und Eigenliebe beschrieben. Konkret heißt es dort: „eigennütziger/egoistischer/nur auf den eigenen Vorteil bedachter Mensch, ichbezogener/selbstbezogener/selbstsüchtiger Mensch; (gehoben) ichsüchtiger Mensch; (bildungssprachlich) Egomane.“

Eigenliebe und Selbstliebe sind für mich nicht synonym zu verwenden. Eigenliebe hört bei mir auf. Wenn ich nur mich selbst liebe, bin ich getrieben von meinem Ego und ich bin ausschließlich um meinen eigenen Vorteil bedacht.

 Menschen die neben sich selbst auch die anderen lieben, sind auf Gemeinwohl aus. Menschen die nur die anderen lieben und sich selbst nicht, opfern sich für andere auf, ohne auf sich selbst zu schauen. Sie identifizieren sich vielleicht mit einer Helfer-Identität in sich und ziehen über sie ihren Selbstwert auf, nur wenn sie aber anderen helfen können, fühlen sie sich wertvoll.

Nur sich selbst zu lieben ist genauso schädlich, wie nur den anderen zu lieben. Das Ego per se ist nichts Schlechtes, aber wie bei allem macht auch hier die Dosis das Gift. Sich selbst zu lieben, heißt sich selbst zu verzeihen, wenn man einen Fehler macht. Sich selbst zu lieben bedeutet, sich selbst ernst zu nehmen, sich einzubringen, die eigenen Vorstellungen/Wünsche/Bedürfnisse auszusprechen. Es bedeutet aber nicht, dass alles erfüllt werden muss.

Es kann sich in ganz kleinen Dingen zeigen, dass man beginnt z.B. seinen Körper wahrzunehmen. Spürt, wenn man Hunger hat oder müde ist. Es kann bedeuten, sich morgens zuerst ein Glas Wasser zu gönnen, bevor man Kaffee oder sonstiges trinkt.

Alles was mir gut tut, womit ich zu mir kommen, zur Ruhe komme, trägt dazu bei, mir selbst näher zu kommen und mich selbst immer ein Stückchen mehr zu lieben und mit mir in Verbindung zu kommen. Wenn ich dann bei mir angelangt bin, mich wertschätze, mich schütze und beschütze, meine Bedürfnisse nicht nur ernstnehme, sondern mich auch für sie einsetze, mir verzeihe, wenn ich zu streng war, einen Fehler gemacht hab, dann beginnt das Du.

Wenn ich mir verzeihen kann, dann kann ich auch den anderen verzeihen, weil ich verstehe, warum Situationen entstehen können. Ich verstehe, warum jemand wie handelt und ich mache den Menschen nicht mehr an seinem Verhalten fest. Ich sehe und fühle mich und die Person in ihrer Ganzheit und halte mich nicht mehr fest an Einzelheiten.

Selbstliebe – wie ich sie verstehe, beginnt bei mir und erweitert sich zu einem Du, bis es ein Wir werden kann.

Foto: pixabay_alexas_fotos

© Barbara Güpner-Planner, M.A.

Quelle:

https://www.duden.de/rechtschreibung/Egoist