# Beziehungskunst – und die Liebe zu uns selbst.

Oft ist zu hören, wie wichtig es sei, sich selbst zu lieben und eine gesunde Beziehung zu sich selbst zu führen. Ein Klient hat mich kürzlich dazu gefragt, was damit gemeint ist? Er versteht diese Aufforderung nicht! Er weiß nicht was damit anfangen soll, was genau soll er da tun? Wie führt man eine gesunde Beziehung zu sich selbst? Woran macht man eine gesunde Beziehung zu sich selbst fest? Wie kann man sich selbst lieben? Warum sollte man sich überhaupt selbst lieben? Ist es denn nicht wichtiger andere zu lieben oder zumindest zu mögen? Stellen wir hier nicht das Ego viel zu sehr in den Vordergrund?

Viele Frage, die sich mir da gestellt haben. Ich beginne mit der Selbstliebe im Allgemeinen: Ich würde sagen, dass wenn man eine gute und  gesunde Beziehung zu sich selbst aufbaut, sich die Selbstliebe automatisch und kontinuierlich einstellt. Es bedingt einander. Eine gute Beziehung mit sich zu haben, bedeutet in erster Linie, sich selbst kennenlernen zu wollen. Das beginnt damit, sich der eigenen Stärken und Schwächen, Wünschen und Bedürfnissen, und vor allem der eigenen Schattenthemen bewusst wird und bereit ist, sie immer wieder reflektieren und sie neu auszuloten. Selbstliebe bedeutet aber nicht nur die Schatten und Schwächen zu kennen, sondern sich selbst für diese nicht zu verurteilen oder sie auf andere zu übertragen.

Eine Schwäche könnte z.B. sein, dass man mit Ungeduld reagiert, wenn es darum geht zuzuhören. Nun kann ich meine Ungeduld auf mein Gegenüber projizieren und meinen, sie/er müsste einfach rascher, konkreter und gezielter auf den Punkt kommen. Das Problem in diesem Fall wäre die Unfähigkeit der/des anderen wortgewandt zu kommunizieren. Viele von uns kennen das Gefühl, beim Erzählen immer schneller zu werden, um den anderen nicht aus dem Gespräch zu verlieren.

Wenn ich mich nun in so einem Austausch mit einer Person befinde, wo ich vorher schon weiß, dass ich immer ungeduldig und genervt werde, kann ich statt dieses unangenehmen Gefühle auf den anderen zu übertragen, dieses Gefühl zu mir nehmen. Das heißt, es mir voll und ganz darüber bewusst werden, dass ich jetzt eigentlich nicht mehr zuhören will. Das ich eventuell an dem Thema kein Interesse habe. ABER, ich lasse dieses Gefühl ganz bei mir. Ich gebe es weder der/dem anderen NOCH verdränge ich es. Ich nehme sie in diesem Moment an, so wie sie sind. Unangenehm, mich z.B.  in die Flucht drängend.

In diesem Moment bin ich ganz bei mir angekommen. Bei meinem Schatten. Mehr braucht es für den ersten Moment nicht. Die Aufmerksamkeit und die Bestätigung, dass ich das fühle, was ich gerade fühle, ist der Beginn von Selbstannahme. In weiterer Folge, wenn ich an dieser inneren Arbeit dranbleibe, mir Zeit nehme, diese inneren Vorgänge zu entschlüsseln, kann ich das in Selbstliebe transformieren. Der Anfang mag vielleicht etwas schwierig sein, aber der Weg lohnt sich!

Auf in ein neues Jahr, mit schönen neuen Erfahrungen mit sich selbst und den Menschen um uns herum.

Nächstes Mal: Warum Selbstliebe keine Frage des Egos ist.

© Barbara Güpner-Planner, M.A.