# 44 Beziehungskunst – und auf einmal war er weg…

Vor einigen Monaten ist Maria zu mir gekommen. Sie befand sich diesem Zeitpunkt in einer Situation, die sie ohnmächtig und hilflos machte. Ihr Mann hatte sie – ganz klassisch – wegen einer jüngeren Frau verlassen. Maria war sehr verletzt und auch schockiert, wie das alles geschehen konnte. Sie waren seit 18 Jahren ein Paar, seit 15 Jahren verheiratet, und ihre Kinder waren gerade mal sieben und neun. Sie haben sich gemeinsam den Traum von einer Eigentumswohnung, Mitten in Wien, verwirklicht und Maria hatte gerade wieder begonnen zu arbeiten. Ihr Mann, Peter, ist erfolgreich in seinem Beruf, auch wenn nicht immer ganz so glücklich mit seinen Aufgabenbereichen. Für Maria war alles mehr oder weniger im Lot, ja, manchmal gab es Probleme, aber keine die in ihrer Wahrnehmung nicht zu lösen wären. Beide haben viel gearbeitet und manchmal war für Gespräche nicht viel Zeit. „Wir haben uns aber irgendwo verloren und auf einmal war er weg…“ so Maria´s Conclusio. Für sie gab keine konkreten Anzeichen dafür, dass ihr Mann sie betrügt.

Nach wenigen Sitzungen hat sie entdeckt, dass es doch kleine Vorboten gegeben hat, die sie auf eine Schieflage in ihrer Beziehung hingewiesen hätten. Diese hat sie aber ignoriert bzw. nicht ernst genommen. Sie hat gedacht, dafür haben sie immer noch später Zeit. Die Zeichen waren z. B. der Wunsch nach mehr Rückzug und Einsilbigkeit in den Gesprächen. Dann kam noch ein neues Hobby, mit dem Maria gar nichts anfangen konnte. Er begann zu Golfen. Das war zeitintensiv und er verbrachte noch weniger Zeit mit seiner Familie. Für Maria war das eine Phase, die wieder vorbeigehen wird, sie hätte nicht geglaubt, dass ihre Beziehung schon in ernster Gefahr war.

Nie hat sie ihn gefragt, warum er nicht bei ihnen sein mag. Eigentlich hat sie ihn mit der Zeit mehr als Versorger wahrgenommen und die partnerschaftliche Verbundenheit, der Spaß miteinander ist auf der Strecke geblieben. Damit auch die gemeinsamen Interessen, die es vor den Kindern sehr wohl gab. Nach einiger Zeit suchte sie ein Gespräch mit Peter, um besser zu verstehen, wie es soweit kommen konnte. Ihr Mann schien weit unglücklicher in seinem Job, als sie vermutet hatte. Und er war auch in ihrer Beziehung schon lange nicht mehr besonders happy.

In diesem Gespräch war es Peter möglich offen über seine Zeit und sein Erleben erzählen. Er gibt auch gar nicht Maria die Schuld, sondern weiß, dass er sich mehr zeigen hätte müssen. Von dem was er gebraucht hat und auch was er so vermisst hat.

Heute wissen beide, dass das was sie wirklich verloren haben,  das Gespräch miteinander ist. Das es auch mal angespannt sein darf, dass sie sich auch mehr streiten hätten können, dass der große Verlust aber der Wille war, es gemeinsam hinzukriegen.

Das erlebe ich oft in den unterschiedlichsten Beziehungen. Die Kommunikation und das sich miteinander austauschen ist wie das Öl im Getriebe. Das hält Beziehungen geschmeidig und man weiß, was den anderen beschäftigt, sie/ihn sorgt oder welches Bedürfnis gerade zu kurz kommt. Interesse aneinander ist ebenfalls eine wichtige Komponente für funktionierendes Miteinander. Das Gespräch nicht zu verlieren, verlangt immer wieder Initiative. Mal vom einen, mal von der anderen. Ohne regelmäßigen Austausch ist jede Beziehung auf Dauer zum Scheitern verurteilt. Es gibt keine Basis auf der Konflikte gelöst werden können und manchmal ist es dann zu spät, um dort anzuknüpfen wo Paare vor Jahren aufgehört haben ihre Gemeinsamkeiten zu pflegen.

Finden Sie täglich Zeit für ein paar Worte. Fragen Sie Ihre Partnerin oder Ihren Partner was er erlebt hat, oder was sie oder ihn beschäftigt oder auch gerade Sorgen bereitet. Interesse zu zeigen dauert oft nicht lange und stellt sofort Nähe her.

In diesem Sinne, frohe Weihnachten und eine gute Zeit Miteinander!

Barbara Güpner-Planner, M.A.