Was ist Narzissmus?

Grundlegend zählt Narzissmus zu den Persönlichkeitsstörungen. Im DSMV sind Persönlichkeitsstörungen wie folgt beschrieben:

„Persönlichkeitsstörungen sind i. Allg. allgegenwärtige, andauernde Muster des Denkens, der Wahrnehmung, Reaktion und Beziehung, die erheblichen Leidensdruck oder Funktionsbeeinträchtigungen hervorrufen. Persönlichkeitsstörungen unterscheiden sich deutlich in ihrer Manifestationen, aber von allen wird angenommen, dass sie durch eine Kombination von genetischen und Umgebungsfaktoren verursacht werden. Viele werden mit dem Alter allmählich weniger gravierend, aber bestimmte Merkmale können bis zu einem gewissen Grad anhalten, wenn die akuten Symptome, die zur Diagnose einer Erkrankung geführt haben, abgeklungen sind. Die Diagnose wird klinisch gestellt. Die Behandlung erfolgt durch psychosoziale Therapien und in manchen Fällen medikamentös.“ (1)

In der psychologischen Literatur werden zudem verschiedene Arten von Narzissmus diskutiert, die sich in ihren Ausprägungen und Merkmalen unterscheiden können. Die Bezeichnungen werden ebenfalls unterschiedlich beschrieben. Während manche Autoren den grandiosen Narzissmus vom malignen trennen, setzen ihn andere gleich. In meiner Auflistung habe ich diese zwei Begriffe getrennt. Näheres findest Du in der jeweiligen Beschreibung. Diese Beschreibungen dienen nur zur Orientierung, zur Beobachtung, bieten Möglichkeit Verhalten einzuordnen. Eine Diagnose ist ausschließlich ausgebildeten Fachpersonen vorbehalten.

Es hilft allerdings sich zu informieren. Die meisten Menschen setzen sich dann mit diesem Thema auseinander, wenn sie bereits viel Zeit und Energie in eine Beziehung investiert haben und immer wieder mit all den Versuchen gescheitert sind. Dann kann es notwendig werden das Verhalten dieses Menschen unter anderen Gesichtspunkten zu betrachten.

Solltest Du feststellen, oder das Gefühl bekommen, dein/e Partner*in zeigt einige dieser Verhaltensweisen, such Dir unbedingt Unterstützung und kläre ab, inwiefern Deine Vermutung zutreffen könnte, wobei es wiederum nicht darum geht eine Ferndiagnose zu stellen, sondern Deine Beobachtungen, Wahrnehmungen und Versuche einzuordnen und dann eventuell eine neue Strategie zu entwickeln.

Hier nun eine kurze Beschreibung der häufigsten bzw. geläufigsten Arten von Narzissmus:

Grandioser Narzissmus: Menschen mit grandiosem Narzissmus haben ein übertriebenes Gefühl von Selbstbedeutung und Überlegenheit. Sie neigen dazu, ihre eigenen Fähigkeiten und Erfolge zu überschätzen und zu erwarten, dass andere sie bewundern und ihnen Sonderbehandlung zukommen lassen. Im Unterschied zum malignen Narzissmus, diese Menschen haben zwar ebenfalls antisoziale Tendenzen, z.B. cholerische Wutausbrüche, aber sie werden nicht gewalttätig oder kriminell. Sie missbrauchen ihre Mitmenschen ebenfalls, nutzen die Empathie der anderen für ihren eigenen Vorteil, können aber die Grenze wahren, die sie mit dem Gesetz in Konflikt bringen würde. Sie schaffen es ihr Umfeld durch charmantes Auftreten für sich einzunehmen und manipulieren diese Menschen anschließend, um Kontrolle und Macht über sie zu gewinnen.
Verletzlicher oder verdeckter Narzissmus: Im Gegensatz zum grandiosen Narzissmus sind Menschen mit verletzlichem Narzissmus empfindlicher und leichter verletzlich. Sie haben ein geringes Selbstwertgefühl und sind ständig auf der Suche nach Bestätigung und Anerkennung von anderen. Kritik oder Ablehnung kann bei ihnen starke negative Reaktionen auslösen. Während grandiose oder maligne Narzisst*innen keinen Zweifel an der eigenen Grandiosität haben, fällt es Menschen mit verdeckten Narzissmus schwer, an die eigenen Fähigkeiten zu glauben. Sie empfinden sich oft als Opfer und machen mitunter das Umfeld dafür verantwortlich. Sie geben sich sehr freundlich und hilfsbereit. Das ist allerdings Fassade. Dahinter verbirgt sich ein zutiefst unsicherer Mensch, der sein Umfeld braucht/missbraucht um den eigenen Selbstwert zu stabilisieren und aufzupolieren.
Maligner Narzissmus: ist die heftigste, drastischste und hinterhältigste Form von Narzissmus. Aggression und antisoziales Verhalten kennzeichnen diese und stehen auf der Tagesordnung. Oft kann auch paranoides Verhalten dazukommen, was diese Menschen sehr gefährlich macht. Malignität ist ein Begriff, der in der Medizin für bösartige Krankheiten verwandt wird. Die Menschen erheben Anspruch auf absolute Aufmerksamkeit, sind von sich selbst vollkommen überzeugt, an der eigenen Großartigkeiten haben sie keinerlei Zweifel. Werden sie in Frage gestellt, nicht ausreichend wertgeschätzt, oder haben das Gefühl abgelehnt zu werden, rächen sie sich. Dabei spielt es keine Rolle, ob diese Wahrnehmungen der Realität entsprechen. Menschen mit dieser Persönlichkeitsstörung sind extrem unangenehm. Auch ihnen gelingt es ihr Umfeld durch charmantes Auftreten zu blenden, allerdings können sie diese Fassade nur kurz aufrechterhalten. Sie entblößen ihr wahres Gesicht wesentlich schneller als grandiose Narzisst*innen.

Es ist wichtig zu beachten, dass diese Unterteilungen des Narzissmus nicht immer eindeutig voneinander abgegrenzt sind und dass Menschen unterschiedliche Ausprägungen von Narzissmus aufweisen können. Darüber hinaus können sich die Merkmale des Narzissmus im Laufe der Zeit und in verschiedenen Situationen ändern.

Die Unterscheidung zwischen den verschiedenen Arten von Narzissmus ist jedoch wichtig, um ein besseres Verständnis für die individuellen Unterschiede und die Auswirkungen des Narzissmus auf das Verhalten und die Beziehungen einer Person zu entwickeln.

Quellen:

(1) https://www.msdmanuals.com/de/profi/psychische-st%C3%B6rungen/pers%C3%B6nlichkeitsst%C3%B6rungen/pers%C3%B6nlichkeitsst%C3%B6rungen-im-%C3%BCberblick (besucht am 03.01.2024)

(2) Doering, Hartmann, Kernberg., Narzissmus. Grundlagen – Störungsbilder – Therapie. Schattauer GmbH, Stuttgart 2. Auflage, 2021