#Beziehungskunst – aber bitte mach es auch gerne!

 

Es gibt ein Phänomen, das mir immer wieder in der Praxis begegnet und ich auch persönlich kenne, nämlich dieser Anspruch, dass wenn man die/den anderen um etwas bittet, sich der Wunsch damit verbindet, sie/er möge dies doch bitte auch mit Begeisterung und Freude tun, aber zumindest gerne.

Das betrifft nicht nur unsere Partner*innen, sondern auch unsere Kinder. Sie ziehen ein „Schnofferl“, reagieren mit Unmut oder gar mit Widerstand. Das wiederum löst bei uns die unterschiedlichsten Gefühle und Emotionen aus. Diese werden dann zurückprojiziert und schon steckt man in einem Streit, anschließend stellt sich die Frage: „Wie ist denn das passiert?“ oder „Worüber haben wir eigentlich gestritten?“

Was geschieht da?

Der Unwille, der Widerstand, der uns bzw. unserem Anliegen entgegengebracht wird, kann in diesen Momenten als Zurückweisung und Ablehnung erlebt werden. Dies löst eine emotionale Reaktion aus, weil wir das in den meisten Fällen persönlich nehmen. Diese wirft uns gleich noch viel weiter zurück, nämlich als wir tatsächlich Ablehnung erfahren haben und dadurch verletzt wurden. Wenn nun in der Gegenwart auf eine Bitte von uns, diese alten Gefühle hochgerissen werden, gelingt es kaum, sich zu distanzieren, durchzuatmen und zu beobachten, was eigentlich genau jetzt in mir geschieht.

Der Wunsch, dass die/der andere meinen Ansuchen, Aufforderungen auch noch mit Freude erledigt ist einfach unrealistisch. Es mag uns manchmal gelingen, aber im Normalfall ist es doch so dass niemand auf eine „Anweisung“ wartet. Jede*r hat einen Ablauf, eine Struktur in sich. Einen Tagesablauf, was in den nächsten Minuten, Stunden oder Tagen zu tun ist. Kommt nun jemand an uns heran, äußert ein Bedürfnis, dass diese inneren Pläne durcheinanderbringt und chaotisiert, kann es manchmal funktionieren, diese zu integrieren und rasch zu erledigen. Manchmal aber bringen sie das innere Gleichgewicht, die innere Uhr, die innere Planung durcheinander. Dann wird es ungemütlich in uns, und da kann es geschehen, dass die Reaktion auf ein Anliegen von außen, nicht so positiv ist. Gegenwehr regt sich und dieser löst nun beim Gegenüber wiederum ein Reaktionsmuster aus.

Selbstverständlich gibt es Rede- und Handlungsbedarf, wenn die/der Partner*in nur genervt auf Fragen und Wünsche antwortet und sich nicht einbringt. Da muss die Beziehung als solches betrachtet werden und die Belastung, die vielleicht für diesen Menschen gerade sehr hoch ist, sollte reflektiert werden.

Grundsätzlich gesagt, der  Vorwurf, dass die/der andere den Bitten nur widerwillig nachkommen, kann eine Beziehung ziemlich belasten, weil sie der Realität des jeweils anderen nicht gerecht wird. Ich erlebe diese Beschwerde sehr oft in den Einheiten, mit Paaren aber auch in den Einzelsettings.

Verständnis auf beiden Seiten und das Bewusstsein darüber, dass mit jeder Bitte eine gewisses Maß an Flexibilität vom anderen eingefordert wird kann helfen, dass die erfahrene Ablehnung nicht so stark auftritt, und eventueller Widerstand verständlicher wird.

 

© Barbara Güpner-Planner, M.A.